Galerie Leuenroth
09.07. - 28.08.2021

Alles ist flüssig, weich und in einem schwebenden Prozess, in dem alles gleichzeitig in Farben versinkt und aus ihnen heraustritt. Tanja Selzer zeigt in ihren Ölbildern klassische Themen wie Nackte in der Natur, oft erotisch und sexuell aufgeladen. Badende, die sich gegenseitig abtrocknen, im Wasser tanzen, schöne Körper im Sonnenlicht, geheimnisvolle Akteure, die im Dickicht verschwinden oder hervortreten. Den Titel der Einzelausstellung Secret Liquids beschreibt sie, als „mehrdeutig zum einen natürlich auf die geheimen Körperflüssigkeiten bezogen, auf die Malerei selbst, die flüssige Farbe auf der Leinwand, und das, was auf den Bildern zu sehen ist.“ Die neueste Arbeit Flora bringt es auf den Punkt: wie eine antike Göttin trinkt die nackte, junge Frau aus einem Blatt mehrdeutig lebensspendende Flüssigkeit. Selzer schafft es durch die Brillanz ihres formlos weichen, malerischen Duktus und dem lustvollen Thema ein Spiel der Verführung des/r Betrachters/in in Gang zu setzen. Denn durch die Betonung des Weichen suggeriert sie ordnungsfreie Formlosigkeit, mit der sie in die Zuständigkeit für Erotik als ‚natürliche‘ Ausdrucksform einer femininen Ästhetik fällt. Jedoch steht dies im Diskurs der Soft-Art für eine Autonomie des Weiblichen. Denn Selzer spielt mit dem Blick des Betrachters, der klassischerweise ein männlicher war, um mithilfe dieses Klischees eine selbstbestimmte Position als Künstlerin zu formieren. Durch diese Subversion bestehender Kategorien unterläuft sie die Geschlechterkategorien für eine Überwindung der gesicherten Form. Das Weiche, fließend Erotische - eingesetzt von einer weiblichen Künstlerin - setzt auf einen Effekt, den Judith Butler (Bodies that Matter 1993) als Prozess bezeichnet, der durchaus auch politisch verstanden werden kann - wie das Recht, gesicherte klassische Formen zu verlassen und gesellschaftliche Veränderung einzufordern.