GALERIE ANITA BECKERS
27.10. - 04.12.2021
Kota Ezawa
OPUS II
Wir freuen uns die dritte Einzelausstellung von Kota Ezawa in unserer Galerie ankündigen zu können. Zur Ausstellung erscheint eine Publikation mit einem Beitrag von Dr. Barbara Gordon. Informationen zu allen Ausstellungsstücken sind ab dem 27.10. auf unserer Website zugänglich.
OPUS ist ein dreiteiliges Ausstellungsprojekt des deutsch/amerikanischen Künstlers Kota Ezawa über den Bau und Fall der Berliner Mauer im Kontext der deutschen Geschichte. In unserer Galerie zeigen wir OPUS II, deren Teil I bereits in der Galerie Ryan Lee in New York eröffnet wurde. Dort sind zwei verschiedene architektonische Interventionen vereint, die zwischen 1923 und 1989 in Deutschland stattfanden: die Entstehung und Zerstörung der bahnbrechenden Installation Merzbau von Kurt Schwitters (erbaut 1923-37; zerstört 1943) und der Berliner Mauer (erbaut 1961; zerstört 1989). Kota Ezawa ist dafür bekannt, dokumentarisches Bildmaterial - Nachrichten, Filmausschnitte, andere Kunstwerke, vieles, was in unserer Erinnerung gespeichert ist - in Aquarellanimationen zu übersetzen und neu zu interpretieren. Für Ezawa, der in Deutschland geboren und aufgewachsen ist und heute in den Vereinigten Staaten und Berlin lebt, werden diese Orte - die nur durch vermittelte Bilder, Simulakren und Rekonstruktionen zugänglich sind - zu "Gespenstern entscheidender Momente der deutschen Geschichte“. Im Mittelpunkt aller drei Ausstellungen in New York, Frankfurt und Berlin steht THERISEANDFALLOFTHEBERLINWALL, ein zweieinhalb-minütiges Video, das auf eine freistehende Betonwand projiziert wird. Ezawa wählt Bilder aus, die er als Aquarelle reproduziert und dann zu einer komprimierten animierten Erzählung verwebt, wobei er sich auf verfügbares Wochenschau-Material stützt. In diesem Stück werden die Schwarz-Weiß-Bilder vom Bau der Mauer von Joseph Haydns „Opus 76 Nr.3“, einer Streicherversion der deutschen Nationalhymne, begleitet. Im Moment der Zerstörung der Mauer, schalten die Bilder auf Farbe um, und der Soundtrack wird zu einem Ambient-Remix von Pink Floyds "Another Brick in the Wall, Pt. 1", unterlegt mit den origianlen Geräuschen der Menschenmenge. Die Tonspur, insbesondere die deutsche Nationalhymne, bestimmt den Charakter und die Dauer des Werks. Haydns Melodie wird konfrontiert mit erschütternden Bildern von Stacheldraht, Militärpatrouillen und den Versuchen der Ostberliner in den Westen zu fliehen, während sich die Mauer um sie herum schließt. Jubel, Sprechchöre und Meißelschläge fügen den Bildern vom Abbau der Mauer ein Gefühl des Triumphs hinzu. Diese Gegenüberstellung nutzt Kota Ezawa, um seine Untersuchung der Beziehung zwischen der nostalgischen Verehrung, die Nationalhymne hervorrufen soll, und dem kollektiven Bewusstsein, das die nationale Identität, Wahrnehmung und Erinnerung prägt, fortzuführen.
Die Ausstellung in unserer Galerie in Frankfurt zeigt neben dem Hauptwerk, der Videoanimation THERAISEANDFALLFROMTHEBERLINWALL auch Aquarelle vom Bau und Fall der Mauer und drei weitere Leuchtkästen, die historische Momente beschreiben, die sich ebenfalls tief in unser kollektives Gedächtnis gebrannt haben. Zum einen der Kniefall von Willy Brandt in Warschau (1970, 25 Jahre nach dem Ende des zweiten Weltkrieges), die erste Kranzniederlegung eines amtierenden amerikanischen Präsidenten in Hiroshima durch Barack Obama, (2016, 71 Jahre nach dem Abwurf der ersten Atombombe) und ein kleiner Leuchtkasten aus 2021 mit einer Abbildung vom Flughafen in Kabul, an dem verzweifelte Afghanen versuchten, eine Mauer zu überwinden, um im letzten Moment das Land zu verlassen und den Taliban zu entfliehen. Der Titel der Ausstellung OPUS bezieht sich nicht nur auf Haydns Komposition, sondern auch auf Ezawas Erfahrungen mit der Pandemie. Die kurz vor Ausbruch der Pandemie begonnenen und mit der Aufhebung der Beschränkungen fertiggestellten Werke sind ein Pandemie-Opus, eine Dokumentation von Ezawas täglichen Aktivitäten während dieser Zeit. Dadurch werden sie für immer mit diesem beispiellosen Moment des einundzwanzigsten Jahrhunderts verbunden sein, auch wenn ihr Thema in den historischen Brüchen des zwanzigsten Jahrhunderts verwurzelt ist. Zusammengenommen, so erklärt Ezawa, erzählen die Werke in Opus "eine Geschichte von Aufbau, Konstruktion, Verlust und Zerstörung. Während sie sich auf Ereignisse konzentrieren, die in einem Land über einen Zeitraum von 66 Jahren stattfanden, dienen diese Darstellungen als universelle Symbole für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Grenzmauern und Avantgarde-Kunst“. Text courtesy Ryan Lee, NY
OPUS I Ryan Lee Gallery, New York
OPUS II Anita Beckers Galerie, Frankfurt am Main
OPUS III Galerie Kornfeld (68projects), Berlin